Erfolgsfaktor Kundenintegration: Wie Unternehmen durch Customer Co-Creation erfolgreicher werden

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In diesem Interview haben wir das Vergnügen, mit Marcel Fortwingel, dem Mitgründer und Geschäftsführer des mehrfach ausgezeichneten Impact Food Start-ups kernique, zu sprechen.

Kernique steht für zuckerarme und bio-vegane Nuss-Snacks und engagiert sich für Ernährungsbildung in Schulen und Kitas sowie im Kampf gegen die globale Plastikkrise.

Darüber hinaus teilt Marcel Fortwingel sein Wissen als Start-up-Coach und unterstützt andere Gründer*innen dabei, durch gezielte Kommunikation und Personal Branding Menschen für ihre Visionen zu begeistern.

In unserem Interview spricht er über die Bedeutung der Kundenintegration und Co-Creation, Vorteile und Risiken sowie praktische Umsetzungsmöglichkeiten für kleine Unternehmen.

Claudio Marseglia: Hallo Marcel, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für dieses Interview nimmst. Kommen wir gleich zu den Fragen. Für den Anfang: Kannst Du uns erklären, was unter “Kundenintegration” und insbesondere unter dem Begriff “Co-Creation” zu verstehen ist?

Marcel Fortwingel: Kundenintegration bezieht sich auf den Prozess, bei dem Unternehmen ihre Kunden aktiv in verschiedene Aspekte ihrer Geschäftstätigkeit einbeziehen. Es geht darum, die Kunden als Partner und Mitgestalter anzuerkennen und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Bedürfnisse, Wünsche und Meinungen einzubringen. Kundenintegration kann auf verschiedenen Ebenen stattfinden, wie beispielsweise bei der Produktentwicklung, dem Marketing, der Servicegestaltung oder der Entscheidungsfindung.

Beim speziellen Ansatz der Co-Creation geht es darum, Kunden aktiv in den Prozess der Produkt- oder Service-Entwicklung einzubeziehen und Kunden in konkrete Entscheidungsprozesse einzubeziehen, die sich in direkter Form im Endprodukt widerspiegeln.

CM: Welche Vorteile bietet die Kundenintegration für Unternehmen?

MF: Die Kundenintegration in Entwicklungsprozesse bietet eine Vielzahl von Vorteilen. Erstens ermöglicht sie es Unternehmen, ein tieferes Verständnis für die Bedürfnisse und Wünsche ihrer Kunden zu gewinnen. Indem sie Kunden aktiv in den Entwicklungsprozess einbeziehen, können Unternehmen deren Feedback und Ideen nutzen, um Produkte und Dienstleistungen zu verbessern und an die Marktanforderungen anzupassen. Zweitens erhöht die Kundenintegration die Kundenzufriedenheit und -bindung. Kunden fühlen sich wertgeschätzt, wenn sie in den Entwicklungsprozess einbezogen werden, und haben das Gefühl, dass ihre Stimme gehört wird. Dies stärkt die Kundenbeziehung und kann zu einer langfristigen Bindung führen.

Diesen Effekt kennen wir alle selbst: Wenn wir wissen, dass wir etwas selbstgestaltet haben und einen Teil zu etwas beigetragen haben, fühlen wir uns viel stärker damit verbunden und unsere Wertschätzung ist deutlich höher im Vergleich zu etwas, das wir lediglich gekauft haben.

CM: Welche Risiken birgt die Kundenintegration und wie können Unternehmen diese minimieren, um mögliche Probleme zu vermeiden?

MF: Obwohl Kundenintegration viele Vorteile bietet, gibt es auch potenzielle Nachteile und Risiken, die berücksichtigt werden sollten. So kann die Kundenintegration zeitaufwändig und ressourcenintensiv sein. Die Einbindung der Kunden erfordert einen zusätzlichen Aufwand in Bezug auf Kommunikation, Koordination und die Organisation von Feedback-Schleifen.

Zweitens besteht die Gefahr, dass Kunden unterschiedliche und sogar widersprüchliche Meinungen und Präferenzen haben. Die Integration aller Kundenstimmen kann zu einer Herausforderung werden und zu Kompromissen führen, die nicht allen gerecht werden. Zudem besteht das Risiko, dass Kunden zu stark in den Entwicklungsprozess eingebunden werden und dadurch die Verantwortung der Unternehmen verwässert wird.

Bei kernique hatten wir genau dieses Problem: Kunden hatten durch den starken Einbezug von uns das Gefühl, dass sie wirklich bei allen Entscheidungen beteiligt sind und es war eine Herausforderung, diesen zu vermitteln, weshalb manche Vorschläge nicht umsetzbar sind.

Wichtig, um mögliche Probleme zu vermeiden, ist es, sich bereits im Voraus mit der Frage zu beschäftigen, wo die Grenzen der Co-Creation liegen und wie diese auch bewusst vermittelt werden können. Dabei hilft insbesondere Transparenz und die offene Vermittlung von Prozessen und Hürden, sodass Kunden verstehen, weshalb nicht jede Idee auch praktisch umgesetzt werden kann.

CM: Welche Branchen und Unternehmen sind am besten geeignet, Kundenintegration in ihre Geschäftsmodelle zu integrieren, und wie können kleine Unternehmen damit beginnen?

MF: Co-Creation und Kundenintegration stellen aus meiner Sicht branchenübergreifende Möglichkeiten zur Kundenbindung dar und bieten viel Flexibilität in der Ausgestaltung.

Kleine Unternehmen können mit Kundenintegration auf einfache und kosteneffiziente Weise beginnen. Hier sind einige direkt umsetzbare Möglichkeiten:

Kommunikation aufbauen: Eine starke Kommunikation mit den Kunden ist der erste Schritt. Unternehmen können Feedback-Kanäle einrichten, wie z.B. eine Feedback-Box auf der Website, Social-Media-Kanäle oder direkte E-Mails, um Kundenmeinungen und -wünsche zu sammeln.

Insbesondere Social Media Kanäle bieten einfache Möglichkeiten, Kundenumfragen zu erstellen und Kunden auf interaktive und spielerische Weise in das Unternehmen einzubinden.

Kundenumfragen durchführen: Um gezielteres Feedback zu erhalten, können kleine Unternehmen Online-Umfragen oder Fragebögen erstellen. Diese können auch über E-Mail-Listen, Social Media oder auf der Website des Unternehmens verteilt und mit kleinen Incentives versehen werden.

Kundenfeedback nutzen: Unternehmen sollten das erhaltene Feedback analysieren und daraus konkrete Handlungsschritte ableiten. Die wichtigsten Bereiche, in denen Verbesserungen möglich sind, können identifiziert und die entsprechenden Maßnahmen priorisiert werden..

Beta-Tests durchführen: Wenn ein Unternehmen ein neues Produkt oder eine neue Dienstleistung entwickelt, können sie Kunden frühzeitig als Beta-Tester einladen. Dadurch erhalten sie wertvolles Feedback, können mögliche Probleme identifizieren und Verbesserungen vornehmen, bevor das Produkt auf den Markt kommt.

CM: Gibt es ein konkretes Beispiel für Co-Creation bei kernique?

MF: Wir haben die sozialen Medien von Beginn an und konstant genutzt, um unsere Produkte gemeinsam mit unserer Community zu entwickeln. Dabei haben wir den vermeintlichen Nachteil, dass wir noch kein physisches Produkt hatten, zu unserem Vorteil genutzt, um unserer Community von Grund auf in die Entwicklung einzubinden.

Hierfür haben wir beispielsweise eine sogenannte „Snacksperten-Gruppe“ mit exklusiven Tester*innen ins Leben gerufen. Um einen Teil der Gruppe zu werden, mussten sich Mitglieder unserer Community bewerben und uns ihre Motivation mitteilen. So konnten wir nicht nur wichtige Kundendaten sammeln, sondern auch einen exklusiven Charakter der Gruppe vermitteln.

Über mehrere Monate konnten unsere Snacksperten unsere Produktmuster testen, in Fragebögen ihr Feedback vermitteln und sich face-to-face mit uns austauschen. Das Feedback der Kunden bezüglich Konsistenzen, Geschmack, Farben etc. ist direkt in unsere finalen Produkte eingeflossen.

CM: Welche Faktoren beeinflussen den Erfolg der Kundenintegration und wie kann dieser gemessen und optimiert werden?

MF: Der Erfolg der Kundenintegration kann von verschiedenen Faktoren beeinflusst werden. Hier sind einige wichtige Aspekte, die berücksichtigt werden sollten:

Klare Ziele und strategische Ausrichtung: Es ist wichtig, klare Ziele für die Kundenintegration zu definieren und sicherzustellen, dass sie mit den strategischen Zielen des Unternehmens übereinstimmen. Eine klare Vision und Strategie helfen dabei, den Fokus zu behalten und die Integration effektiv umzusetzen.

Effektive Kommunikation: Die Kommunikation zwischen dem Unternehmen und den Kunden muss klar, offen und regelmäßig sein. Es ist wichtig, dass beide Seiten ihre Erwartungen, Bedenken und Ideen austauschen können, um eine fruchtbare Zusammenarbeit zu gewährleisten.

Kundenorientierte Unternehmenskultur: Eine Unternehmenskultur, die auf Kundenorientierung und Offenheit gegenüber Kundenfeedback ausgerichtet ist, ist förderlich für eine erfolgreiche Kundenintegration. Alle Mitarbeiter sollten darin geschult werden, Kundenbedürfnisse zu verstehen und proaktiv auf Kundenanliegen einzugehen.

Effektive Feedback- und Analysemechanismen: Unternehmen sollten geeignete Mechanismen zur Erfassung und Analyse von Kundenfeedback implementieren. Dies kann die Verwendung von Umfragen, Datenanalysen, Kundenbewertungen oder Fokusgruppen umfassen. Die Ergebnisse sollten systematisch ausgewertet und in Entscheidungen und Maßnahmen umgesetzt werden.

CM: Welche Rolle spielt die Digitalisierung bei der Kundenintegration und wie können Unternehmen die Möglichkeiten von Online-Plattformen und Social Media optimal nutzen?

MF: Die Möglichkeiten der Co-Creation haben sich insbesondere durch Social Media vervielfacht und vereinfacht. Um diese zu nutzen, muss jedoch eine aktive und konstante Präsenz auf relevanten Plattformen bestehen. Viele Unternehmen betreiben Social Media „nebenher“, was jedoch zu keinem Erfolg führt. Unternehmen können Online-Plattformen und Social-Media-Kanäle identifizieren, auf denen sich ihre Zielgruppe am häufigsten aufhält. Es ist wichtig, dort aktiv zu agieren und Mehrwerte zu bieten, anstatt lediglich das Produkt oder den Service anzupreisen.

Unternehmen können ihre Kunden dazu ermutigen, auf Social-Media-Beiträgen Kommentare zu hinterlassen, Fragen zu stellen oder ihre Meinungen zu teilen. Dabei sollten Unternehmen zeigen, dass sie das Feedback und die Beiträge der Kunden wertschätzen.

Des Weiteren können Unternehmen ihren Kunden die Möglichkeit bieten, aktiv an der Entwicklung neuer Produkte oder Dienstleistungen mitzuwirken. Dies kann durch die Einrichtung von Online-Workshops, Beta-Tests oder geschlossenen Gruppen erfolgen, in denen Kunden ihre Ideen einbringen und Feedback zu Prototypen oder neuen Konzepten geben können. Dabei ist es wichtig, den Beitrag der Kunden anzuerkennen und sie in den Prozess einzubinden.

CM: Marcel, ich möchte Dir persönlich für dieses informative und inspirierende Interview danken. Deine Einblicke in die Welt der Kundenintegration und Co-Creation waren sehr wertvoll und haben mir geholfen, das Thema besser zu verstehen. Als Mitgründer und Geschäftsführer von kernique lebst Du die Prinzipien der Kundenintegration vor und zeigst, wie Unternehmen durch die aktive Einbindung ihrer Kunden nachhaltigen Erfolg erzielen können. Dein Engagement für Ernährungsbildung und der Kampf gegen die globale Plastikkrise sind beeindruckend und zeigen, wie Unternehmen einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft haben können. Nochmals vielen Dank, Marcel, dass Du Dir die Zeit genommen hast, Deine Erfahrungen und Einblicke mit uns zu teilen.

Claudio Marseglia

Claudio ist der Gründer von The Wachstum, das er als Nebenprojekt ins Leben gerufen hat. Hauptberuflich arbeitet er als Senior Performance Marketing Manager bei Allane SE für die Marken Sixt Neuwagen und Autohaus24. Zuvor betreute er als Account Head bei der Agentur Publicis Media GmbH Kunden aus der Automobilbranche. Seinen Master in International Management hat er 2019 am King's College London abgeschlossen.

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